Wozu Bäume, wozu unsere alte Eiche?
Alters- und Wachstumsmerkmale: Mit einem Alter von über 200 Jahren ist die Wasserturm-Eiche ein historisches Relikt vergangener Zeiten und dokumentiert die lange Geschichte des Baumbestands in diesem Gebiet. Der Stammdurchmesser von 1 Meter zeigt das beeindruckende Wachstum und die Gesundheit des Baumes.
Biologische Bedeutung: Die Wasserturm-Eiche bietet Lebensraum und Nahrung
für eine Vielzahl von Tier- und Pflanzenarten. Bis zu 6.000 Tierarten leben von einer Eiche. Darunter sind 500 bis 600 Insektenarten. Es ist daher davon auszugehen, dass
auch die Wasserturm-Eiche als Brut-, Schlaf- und Fressstätte für verschiedene Tierarten dient. Die Wasserturm-Eiche stellt einen natürlichen Ankerpunkt dar, der ökologische Prozesse unterstützt und Lebensraum für eine Vielzahl von Tier- und Pflanzenarten bietet. Die Eiche ist ein wertvoller Teil des ökologischen Netzwerks und trägt zur Erhaltung der Biodiversität bei.
Mit einem Durchmesser von 100 Zentimetern ist die Wasserturm-Eiche zudem ein
Methusalembaum (1) und somit besonders wichtig zum Erhalt und zur Förderung der Biodiversität. Der Reichtum und die Vielfalt von Mikrohabitaten nehmen mit dem Umfang und der Rindenstärke, also mit steigendem Alter eines Baums stark zu (Bütler und Lachat 2009, Larrieu und Cabanettes 2012, Vuidot et al. 2011, 2)
Da alte Bäume in Wäldern oft „geerntet“ und damit gefällt werden, kommen alten Stadtbäumen ganz besondere neue Bedeutungen/Funktionen zu. Sie dienen nicht der Holzwirtschaft wie die meisten Waldbäume, sondern vermehrt dem Fortbestand der Baumarten und der Förderung der Biodiversität.
Kulturelle oder historische Bedeutung: Die Wasserturm-Eiche besitzt eine besondere kulturelle und historische Relevanz für die Region und für die lokale Gemeinschaft Heide. Die über 200-jährige Wasserturm-Eiche sollte daher nicht nur aufgrund ihrer natürlichen Eigenschaften, sondern auch aufgrund ihrer identitätsstiftenden und geschichtlichen Bedeutung als Naturdenkmal anerkannt werden. Die Tatsache, dass die Wasserturm-Eiche in Zeitungsberichten als Wahrzeichen der Stadt bezeichnet wird, zeigt ihre symbolische Bedeutung für die lokale Identität und das Gemeinschaftsgefühl. Ihre Position im Umfeld der ehemaligen Schule verleiht ihr zusätzliche historische Relevanz und macht sie zu einem wichtigen Teil der regionalen Geschichte.
Die Wasserturm-Eiche hat sich im Laufe der Zeit zu einem fixen Bestandteil der Landschaft und des Ortes entwickelt. Dies wird auch durch die Vielzahl der bei der Dithmarscher Landeszeitung (DLZ) eingegangenen Leserbriefe für den Erhalt der Wasserturm-Eiche und natürlich nicht zuletzt durch den überwältigenden Erfolg des Bürgerbegehrens für den Erhalt der alten Bäume am ZOB, welches innerhalb nur einer Woche 11% der Heider Wahlberechtigten unterzeichneten, bestätigt.
Die Wasserturm-Eiche verkörpert die Geschichte der Region und steht als Zeuge vergangener Generationen und Ereignisse. Im beigefügten Artikel „Vom Parkbaum zum Solitär“ (DLZ, 25.1.2023) wird die Geschichte der
Wasserturm-Eiche und ihres Umfeldes, die Österweide die 1850 in einen Park verwandelt wurde, sehr anschaulich beschrieben. Zahlreiche Menschen haben im Laufe der Jahre eine emotionale Bindung zu diesem Baum aufgebaut und betrachten ihn als einen geschichtlichen Fixpunkt in bewegten Zeiten.
Es besteht eine starke geschichtliche und emotionale Verbindung zwischen der Gemeinschaft und der Wasserturm-Eiche. Besonders hervorzuheben ist hierbei das Engagement des ehemaligen Bürgermeister Dr. Enno Wilkens und des Heider Ehrenbürgers und ehemaligen Bürgervorstehers Helmut Petersen-Schmidt für den Erhalt der Wasserturm-Eiche, welche im Zuge des ZOB-Baumaßnahme 1970 bedroht war (Artikel im Bürgerspiegel, August 1973). Dr. Enno Wilkens schützende Hand und sein Einsatz als Schirmherr verdeutlichen das Bewusstsein für den Wert und die Bedeutung des Baumes für die Gemeinde. Die langfristige Sicherstellung der Versorgung der Wasserturm-Eiche mit aufwendigen Baumaßnahmen zeigt das Bestreben, ihren Fortbestand zu gewährleisten und ihre Gesundheit zu erhalten. Die Wasserturm-Eiche ist somit auch als Vermächtnis hoch angesehener Stadtväter zu betrachten, deren Erbe durch eine jetzige Fällung missachtet wurde. Ein Artikel aus dem Bürgerspiegel vom August 1973 berichtet von der Rettung des Wahrzeichens Heides – der Wasserturm-Eiche.
Darüber hinaus kann die Wasserturm-Eiche auch als Ort für kulturelle oder historische Veranstaltungen dienen und als Treffpunkt für die lokale Gemeinschaft fungieren. Sie ist ein Ort des Gedenkens, der Kontemplation und des sozialen Austauschs.
Angesichts dieser oben genannten identitätsstiftenden und geschichtlichen Bedeutung der Wasserturm-Eiche für die lokale Gemeinschaft und der Tatsache,
dass sie bereits über 200 Jahre lang als geschichtlicher Fixpunkt gedient hat, ist es von entscheidender Bedeutung, ihren Schutz und ihre Erhaltung sicherzustellen.
Der Verlust dieses besonderen Baumes hat einen erheblichen Einfluss auf die
lokale Geschichte und das Gemeinschaftsgefühl.
Landschaftsbild: Die Wasserturm-Eiche ist ein prägendes Element des Landschaftsbildes und trägt zur Schönheit und Attraktivität der Umgebung bei.
Das majestätische Erscheinungsbild der Wasserturm-Eiche sowie des alten Baumbestandes haben einen positiven Einfluss auf das ästhetische Gesamtbild.
An dieser Stelle möchten wir auch auf die unzureichende Anzahl der angestrebten Ersatzpflanzungen, den Wert der Wasserturm-Eiche nach Methode Koch und ihren volkswirtschaftlichen Wert hinweisen, sowie die essentielle Funktion der Wasserturm-Eiche für das lokale Stadtklima.
Ersatzpflanzungen
Laut Prof. Dr. Andreas Roloff „hat ein frei stehender Altbaum mit 20 Meter Kronendurchmesser im theoretischen Idealfall eine Kronenoberfläche von rund 1.250 m2, und man müsste daher etwa 400 Jungbäume mit 1 m Kronendurchmesser pflanzen, um dieselbe Wirkung von deren Kronenoberfläche zu erzielen. Diese Pflanzung würde fast eine Million Euro kosten. Für die Wasserturm-Eiche gehen wir aufgrund einer Messung in GoogleEarth von einem Kronendurchmesser zwischen 19m und 20m aus.
Das Bundesministerium Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, Österreich verweist auf seiner Webseite gar auf die notwendige Ersatzpflanzung von 2.000 Jungbäumen um die Leistungen einer 100 jährigen Buche zu kompensieren (3). Die uNB hat bisher aber einer Ersatzpflanzung von nur 3
Jungbäumen für die über 200jährige Wasserturm-Eiche zugestimmt.
Baumwert
Nicht nur der öffentliche Raum der hier zerstört wurde sondern auch der Kapitalwert und um so mehr der volkswirtschaftliche Wert der Wasserturm-Eiche ist Eigentum der Bürger und ist hier an einen privaten Investor ohne in Wertstellung verschenkt worden. Das Gelände mitsamt der Wasserturm-Eiche und 14 weiteren
alten Bäumen wurde für nur ca. 88€ / m2, also weit unter Marktwert, an den Investor verkauft. Der Wert der Wasserturm-Eiche allein beträgt aber nach Berechnungen der Methode Koch und der derzeit vorliegenden Informationen schon 98.000€. Der volkswirtschaftliche Wert der Wasserturm-Eiche, der
die verschiedenen Funktionen der Eiche unter anderem als Schattenspender,
Luftkühler, Förderer von Bodenlebewesen, Aufenthaltsort für Menschen, Staubfilter,
Nahrungsspender und Sauerstoffproduzent in die Berechnung einbezieht, ist um ein
Vielfaches höher und wird unter anderem für eine 100 jährige Eiche mit 280.000 Euro beziffert (4). Andere Berechnungen fallen höher aus. Die über 200jährige Wasserturm-Eiche, Eigentum der Bürger der Stadt Heide, ist jedoch für einen Gegenwert von drei Jungbäumen vernichtet worden und wurde beim Verkauf des
Grundstücks nicht in Rechnung gestellt.
Klimaretter Eiche
Die Wasserturm-Eiche ist eine höchst effiziente Klimanalage. „Über die Wurzeln saugt
eine alte Eiche jährlich rund 50 Tausend Liter Wasser aus dem Boden und gibt es ganz
langsam über die Blätter wieder in die Atmosphäre ab“. Ein „nur“ 75 Jahre alter Baum hat eine Kühlleistung von 25.000 kWh (ca. 18 Klimanlagen) ein 20 Jahre alter Jungbaum hingegen hat nur eine Kühlleistung von 5.000 kWh (5). Auf Anfrage kann die Kühlleistung der über 200jährigen Wasserturm-Eiche berechnet werden. Durch die Absorption von Kohlendioxid vermindern Bäume und insbesondere alte Bäume, die Erderwärmung. Eine 100jährige Eiche setzt jährlich sechs Tausend Kilogramm Kohlendioxid um und produziert bis zu 4.500 Kilogramm Sauerstoff. Damit deckt sie den Jahressauerstoffdarf von elf erwachsenen Menschen (6). Ein 20jähriger Jungbaum speichert 8kg Kohlendioxid (7).
Zum Vergleich: Für die 200jährige Wasserturm-Eiche sollen drei Jungbäume gepflanzt werden. Eine Eiche mit einer Blattfläche von rund 1.300 Quadratmetern filtert bis zu einer Tonne Staub und Schadstoffe aus der Luft (8). Wir gehen davon aus, dass das Blattvolumen der Eiche sich in dieser Größenordnung bewegt. Auf Anfrage kann eine genaue Berechnung erstellt werden.
Ein Eichenbaum kann allein im Bereich seines Wurzelwerkes bis zu 40 Tausend Liter Wasser speichern (9).
Am Beispiel unserer ehemaligen Wasserturmeiche haben wir aufgezeigt, wie wichtig unsere Bäume und Grünanlagen wir uns Menschen und die uns umgebende Natur sind.
Unser Antrag vom 16.07.2023 mit oben genannten Ausführungen beim Ministerium für Energiewende, Klimaschutz, Umwelt und Natur des Landes SH und der Untere Naturschutzbehörde Dithmarschen auf Unterschutzstellung als Naturdenkmal wurde abgelehnt (Antrag auf Anerkennung Naturdenkmal, pdf, 31 MB).
Die Stadt- und Kreisvertreter sind aufgefordert, verantwortungsvoll im Sinne des Klimaschutzkonzeptes, den Zielen zur Nachhaltigkeit (Lokale Agenda21, Agenda2030) und einer lebenswerten Region für die Menschen im Einklang mit der Natur zu handeln.
Information:
1 https://www.hsrottenburg.net/fileadmin/user_upload/Studiengaenge/Forstwirtschaft/Projektarbeiten/Kartierung/Methusalembaeume-2013.pdf
2 Bütler, R. und Lachat, T. 2009. Wälder ohne Bewirtschaftung: eine Chance für die saproxylische Biodiversität. Schweizerische Zeitschrift für Forstwesen 160(11):324–333
3 https://www.bmk.gv.at/themen/klima_umwelt/naturschutz/vielfaltleben/aktiv/baum.html
4 https://www.wald-und-holz.nrw.de/fileadmin/Wald-erleben/Waldweg-
Grenzenlos/Manuskript_34_Eichenbaum.pdf
5 Berechnung nach dem CityTree Modell, TU München in https://www.zdf.de/dokumentation/planete/
planet-e-stadtbaeume-im-stress-100.html
6 https://www.wald-und-holz.nrw.de/fileadmin/Wald-erleben/Waldweg-
Grenzenlos/Manuskript_34_Eichenbaum.pdf
7 Berechnung nach dem CityTree Modell, TU München in https://www.zdf.de/dokumentation/planete/
planet-e-stadtbaeume-im-stress-100.html
8 https://www.wald-und-holz.nrw.de/fileadmin/Wald-erleben/Waldweg-
Grenzenlos/Manuskript_34_Eichenbaum.pdf
9 Ebd.